Oberflächeneigenschaften von Beschichtungen und Lackierungen spielen bei vielen Produkten eine wichtige Rolle, da sie das optische Erscheinungsbild, den Korrosionsschutz und die Beständigkeit gegen mechanische Beschädigung maßgeblich beeinflussen. Informationen über die Ebenheit der Oberfläche oder Verformungen unter mechanischer Belastung sind die Basis zur Optimierung.
Mit ihrer Hilfe lassen sich z.B. Reibung erhöhen oder verringern, Verschleiß minimieren, die Unempfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen steigern, die Leitfähigkeit verbessern, Qualitätsparameter für zukünftige Lackierungen ermitteln oder Grenzen bestimmter Beschichtungssysteme und -technologien bei Schraubenverbindungen aufspüren. Optische Messverfahren dienen hier als berührungslose und zerstörungsfreie Analyse- und Prüfmethoden auf nahezu allen Materialien – besonders für empfindliche Oberflächen.
Prof. Dipl.-Ing. Alfred Isele und sein Team der Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik an der Hochschule Offenburg untersuchen den Einfluss organischer Korrosionsschutzsysteme und anderweitiger Beschichtungen auf Schraubverbindungen. Motivation ist die Langlebigkeit der untersuchten Bauteile und deren Verbindungen. Diese sollen später in Maschinen und Anlagen, in Kraftfahrzeugen, mobilen Arbeitsmaschinen oder Windrädern über die gesamte Lebensdauer zuverlässig funktionieren, also bis zu zwanzig Jahren oder mehr bei schwierigen Umgebungseinflüssen. Die Schraubverbindung von Bauteilen muss daher dauerhaft fest sein, darf gleichzeitig aber nicht die Oberflächenbeschichtung bzw. Lackierung an Kontaktflächen beeinträchtigen, um den notwendigen Korrosionsschutz zu erhalten.
Korrosionsschutzbeschichtungen und ihre Auswirkungen auf die Schraubenverbindung
„Verbindungen zwischen unbeschichteten Bauteilen verhalten sich anders als die zwischen lackierten“, weist Professor Isele auf den grundlegenden Unterschied hin.
Ohne Zwischenschicht stehen metallische Oberflächen direkt im Kontakt, und bei lackierten Bauteilen drückt die Verschraubung die Zwischenschicht zusammen. Dabei entstehen µm-kleine Verformungen, welche jedoch die Verbindung essentiell beeinflussen. Das beeinträchtigt die Qualität der Verbindung, also die Haltekraft der Schraube im langjährigen Einsatz und den Korrosionsschutz.
Die Hochschule Offenburg untersucht das Verhalten der Oberfläche an eben diesen Verbindungsstellen, und welche Vorspannkraftänderungen bzw. Verformungen sich unter bestimmten Bedingungen ergeben (Abbildung 1) zur Bestimmung von Grenzwerten wie Temperaturen oder Belastungshöhen.
Berührungsfrei Abscannen mit Weißlicht
Das verbreitete Tastschnittverfahren ist eine taktile Oberflächenmessmethode mit Diamanttastelementen. „Für unsere Prüfung hat dieses Verfahren allerdings gleich zwei Nachteile“, bedauert Prof. Isele. „So ist die punktuelle, taktile Messung recht langsam und wir bekommen pro Messung immer nur ein Schnittbild. Da jedoch eine Korrosionsschutzbeschichtung applikationsbedingten Schichtstärkenschwankungen unterliegt, ist ein einziges Schnittbild zur quantitativen Auswertung zu wenig. Wir benötigen daher ein Messverfahren, mit dem sich Flächen ganzheitlich vermessen lassen. Außerdem hat das Tastschnittverfahren den Nachteil, dass die Geometrie des Messtasters sowie die Probenoberfläche immer einem gewissen Verschleiß unterliegen.“
Optische Verfahren wie die Weißlicht-Interferometrie hingegen prüfen flächenhaft und zudem ohne Verschleiß, was kurze Messzeiten und eine hohe Reproduzierbarkeit nach sich zieht.
TopMap-Messsysteme von Polytec bieten zudem eine sehr hohe vertikale Auflösung unabhängig von der Bildfeldgröße, um mehr Details auf einen Blick zu erfassen auch ohne Stitching (Zusammenfügen von Messfeldern) (Abbildung 2).
Dank Weißlicht-Interferometrie alles im Blick
Die Weißlicht-Interferometer der TopMap-Serie bestechen durch einen großen vertikalen Verfahrweg und nm-Auflösung bei der berührungsfreien Messung von Ebenheit, Stufen und Höhen sowie Parallelität. Die telezentrische Optik misst selbst an steilen Stufen wie in Bohrlöchern. „Auch die einfache Bedienung und die komfortablen Auswertungsmöglichkeiten haben uns überzeugt“, ergänzt Prof. Isele. Die offene Software-Architektur ermöglicht zudem das Programmieren von Routineaufgaben oder die Einrichtung einer eigenen Benutzeroberfläche.
Das Messsystem eignet sich aber nicht nur für Laborbereiche, sondern kann auch produktionsnah eingesetzt werden. Integriert in eine staubgeschützte und vibrationsgedämpfte Prüfstation arbeitet diese Messtechnik direkt in Maschinenhallen wie in der Automobilindustrie entlang der Produktionskette der Bleche: Wie hochwertig ein Fahrzeug wirkt, hängt maßgeblich vom Erscheinungsbild der Lackqualität ab (englisch: appearance).
TopMap kann hier Kenngrößen zur Überprüfung der Appearance entlang des gesamten Lackierprozesses und vor der Endkontrolle liefern. Hier dient die großflächig ermittelte Oberflächenrauheit als Qualitätsparameter für die Lackqualität und das spätere Erscheinungsbild.
Bildnachweise: Soweit nachfolgend nicht anders aufgeführt bei den Autoren. Titelbild: ©Voyagerix/iStock.com