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Damenwahl

Zur Rolle von Schwingungen bei der Partnerwahl von Bienen

Wenn es um Fortpflanzung geht, sind es oft die Weibchen, die den Paarungspartner auswählen. Auch bei der Roten Mauerbiene entscheidet das Weibchen über die Paarung. Deshalb untersuchten Forscher der Universität Ulm, ob die Vibrationen der Männchen zu den Kriterien gehören, die die Partnerwahl der Weibchen beeinflussen. Dazu richteten die Forscher während des Paarungsverhaltens ein Laservibrometer auf das Männchen. Vibrationen könnten auf Stärke hinweisen und den Weibchen Aktivität und Gesundheit signalisieren.

Dass die Weibchen den Paarungspartner wählen, ist in der Tierwelt weit verbreitet. Ist ein Geschlecht wesentlich stärker an der Aufzucht interessiert als das andere, dann versucht ersteres, die reproduktive Fitness durch Auswahl des bestmöglichen Geschlechtspartners zu maximieren. Typischerweise stecken Weibchen mehr Aufwand in die Aufzucht als Männchen. Bevor ein Weibchen ein Männchen als Geschlechtspartner akzeptiert, beurteilt es seine Qualität anhand einer Vielzahl von Eigenschaften wie Farbe, Größe, Balzgesang oder Duft.

Verschiedene Bienengruppen (Hummeln, stachellose Bienen und Honigbienen) nutzen Brustkorb-(Thorax-)Vibrationen zur Anlock-Kommunikation, zum Sammeln des Blütenstaubs und zur Verteidigung. Wenig untersucht blieb bisher die Rolle von Vibrationssignalen im Paarungsverhalten, obwohl mehrere Bienenarten dafür bekannt sind, dass sie diese während der Paarung aussenden. Bienen erzeugen Vibrationen durch das Zusammenziehen der Flügelmuskeln, während sie die Flügel stillhalten. Eine verstärkte Muskelkontraktion führt zu einer stärkeren Versteifung des Brustkorbs und so zu höheren Frequenzen.

Die Rote Mauerbiene ist eine in Mittel- und Nordeuropa weitverbreitete Solitärbiene. Beim präkopulatorischen Balzen umarmt das Männchen das Weibchen. Das Männchen steht dabei auf dem Rücken des Weibchens und versucht es durch eine Reihe von Verhaltensweisen für die Paarung zu gewinnen. Das Männchen kann seinen Brustkorb in Vibrationen versetzen, sich am Weibchen reiben, mit seinen Fühlern immer wieder über die des Weibchens und mit seinen Vorderbeinen über die Komplex­augen des Weibchens streichen.

Indem es das Männchen bei diesem Balzverhalten wegstößt, kann das Weibchen den Werber abweisen. Allerdings ist noch nicht bekannt, welches der männlichen Signale ein Weibchen zur Wahl des Geschlechtspartners verwendet. Im vorliegenden Fall analysierten die Forscher, ob es Vibrationssignale der männlichen Biene sein könnten, anhand derer ein Weibchen der Bienenart Osmia bicornis ein Männchen auswählt, das es präkopulatorisch umarmt.

Methoden und Materialien

Für ihre Tests verwendeten die Forscher Bienen der Art Osmia bicornis, die sie an der Universität Ulm in Trapnestern, in Form eines Holzkastens, auf dem Dach des Universitätsgebäudes aufzogen. Die Vibrationen wurden bei Tageslicht aufgezeichnet. Die für die Aufzeichnungen benutzten männlichen und weiblichen Bienen, waren in getrennten Flugkäfigen bei Raumtemperatur geschlüpft.

Um Paare für die Paarung zu erhalten, wurde jeweils ein Bienen-Weibchen in einen Flugkäfig gesetzt, in dem sich etwa 40 Männchen befanden, die aus unterschiedlichen Trapnestern stammten. Sobald sich bei der präkopulatorischen Umarmung (ein Männchen setzt sich auf ein Weibchen, während die anderen Männchen zurückweichen) ein Paarungspaar gebildet hatte, wurde das Paar aus dem Flugkäfig herausgenommen und in einen Kunststoffkasten gesetzt (40 x 20 x 10 cm).

Die Thorax-Vibrationen, die die Männchen während der präkopulatorischen Phase erzeugten, wurden mit einem tragbaren Laservibrometer von Polytec aufgenommen. Das Gerät war an einen Laptop angeschlossen und nutzte eine 32-Bit-Soundkarte sowie die Software Soundforge 8.0. Die Abtast­rate belief sich auf 44,1 kHz. Die Dateien analysierten die Forscher später mit Avisoft SasLab Profi. Alle Männchen wurden mit einem weißen Punkt auf der Brust markiert, um die Reflexion des Laserstrahls zu verbessern.

Die Biologen registrierten und verglichen die Vibrationen der Männchen, die ein Weibchen akzeptiert bzw. abgelehnt hatte. Die Weibchen bewegten sich bisweilen während der Aufzeichnungen und der Winkel zwischen dem Laserstrahl und den Bienen änderte sich. Deshalb war es den Forschern nicht möglich, die Amplitude des männlichen Signals näher zu untersuchen.

Ergebnisse

Die Schall-Analysen zeigten, dass die Vibrationen der Männchen in 1 bis 9 Folgen (Vibrationsperioden) auftreten, wobei jede Folge aus etwa 10 bis 220 Ausstößen (Bursts) besteht (Bild 1). Die zur Kopulation akzeptierten Männchen zeigten vor der Kopulation eine deutlich längere Ausstoßdauer als die abgelehnten Männchen (Mann-Whitney-U-Test, P <0,05) (Bild 2). Die Zeit zwischen den Bursts schien bei den akzeptierten Männchen kürzer zu sein. Der Unterschied war allerdings nicht signifikant (Mann-Whitney-U-Test, P >0,05) (Bild 3).

 

Die Bedeutung der männlichen Vibrationssignale

Männliche Bienen der Art Osmia bicornis haben ein Vibrationsmuster, das aus Folgen mehrerer Ausstöße besteht. Die Ergebnisse zeigen, dass Weibchen zur Paarung eindeutig Männchen bevorzugen, die längere vibrierende Ausstöße abgeben. Da der Erzeugung von Vibrationen energieraubende Thorax-Kontraktionen vorausgehen, könnten Weibchen von den Vibrationen auf die Vitalität und Gesundheit eines Werbers schließen. Möglicherweise führt dies auch zu einer Ausgrenzung älterer Männchen, weil diesen die Energie fehlt, um lange Bursts zu erzeugen.

Obwohl über die Bedeutung männlicher Vibrationen für die Partnerwahl wenig bekannt ist, gibt es Hinweise, dass Weibchen sie als Auswahlkriterium nutzen könnten. Da die Vibrationssignale der Osmia bicornis tatsächlich aufwendig sind, ist es wahrscheinlich, dass sie ein zuverlässiges Signal darstellen.

Um diese Vermutungen zu bekräftigen, sind Experimente nötig, in denen beim Aufzeichnen der präkopulatorischen Vibrationen die Vitalität, die Gesundheit und das Alter der Männchen manipuliert werden.

Diese Ergebnisse werfen ein völlig neues Licht auf das „Summen“ von Bienen, das bis zu dieser Untersuchung weithin unberücksichtigt blieb. Man meinte, Bienen könnten nicht sehr gut hören. Offensichtlich besitzen sie aber Sensoren, um diese Vibrationen aufzuspüren. Weitere Untersuchungen könnten enthüllen, dass viel mehr Bienenarten Vibrationen in ihrer Kommunikation einsetzen.

Referenzen: Der dieser Übersetzung zugrundeliegende Beitrag wurde auch in der Fachzeitschrift „The Journal of Experimental Biology“ veröffentlicht: Conrad, T. Paxton, R. J. Barth, F. G. Francke, W. & Ayasse, M.: Female choice in the red mason bee, Osmia rufa (L.) (Megachilidae). The Journal of Experimental Biology 213, 4065–4073 (2010).

Bildnachweise: Soweit nachfolgend nicht anders aufgeführt bei den Autoren.