Kurzwellige Infrarotaufnahmen (SWIR) übernehmen neben militärischen Überwachungsfunktionen auch immer mehr Bildverarbeitungsaufgaben in Produktion und Prozesskontrolle. SWIR-Kameras, auch NIR (Nah-Infrarot)-Kameras genannt, können auch solche Objekte und Vorgänge sichtbar machen, die bei der Verwendung von Kameras für sichtbares Licht (VIS-Kameras) oder für thermische Aufnahmen (IR-Kameras) unsichtbar bleiben. Gegenüber den letzteren sind sie kleiner, leichter und erheblich preisgünstiger.
Vorteile von SWIR-Kameras
SWIR-Kameras (Bild 1) arbeiten ähnlich wie Kameras für sichtbares Licht, nehmen aber Strahlung im nahen Infrarotbereich zwischen 900 und 1700 und neuerdings auch bis 2600 Nanometer Wellenlänge auf. Praktisch alle Objekte reflektieren Strahlung in diesem Wellenlängenbereich, auch bei Sternenlicht. Wenn kein natürliches Licht vorhanden ist, können Objekte für die Aufnahmen durch SWIR-Strahler beleuchtet werden. Ein weiterer großer Vorteil dieser Technologie besteht im Hinblick auf die Objektive darin, dass einfaches Glas transparent für SWIR-Strahlung, aber undurchlässig für IR- oder thermische Strahlung ist.
Detektoren in SWIR-Kameras funktionieren genauso wie Silizium-Detektoren für den sichtbaren Bereich (CMOS oder CCD) oder IR-Kameras, basieren aber stattdessen auf Indium-Gallium-Arsenid (InGaAs), Indiumantimonid (InSb) oder Quecksilber-Cadmium-Tellurid (HgCdTe). Von diesen drei Stoffen bietet nur InGaAs eine gleichförmige Empfindlichkeit über das gesamte SWIR-Band und kommt darüber hinaus ohne Kühlung aus.
Die InGaAs-basierten SWIR-Kameras des Polytec-Partners Sensors Unlimited Inc./Goodrich sind äußerst robust aufgebaut – ohne Blende, Kühlsystem oder andere bewegliche Teile. Durch Verwendung hochwertiger Chips benötigen diese Kameras nur eine TE-Stabilisierung ohne Ventilatorkühlung und sind somit völlig vibrationsfrei. In der Regel sind sie während der gesamten Lebensdauer wartungsfrei. InGaAs-Kameras kommen mit einfachen Glasoptiken aus, anders als thermische Kameras, die deutlich teurere Silizium- oder Germanium-Objektive benötigen. Sie sind einfach in der Anwendung und somit ähnlich den Silizium-basierten CCD- oder CMOS-Kameras. Die nachfolgend beschriebenen typischen Anwendungen illustrieren die Vielseitigkeit dieser Technologie.
Anwendungen in der Pharmazie
In der pharmazeutischen Produktion lässt sich der Flüssigkeits-Füllstand in undurchsichtigen Behältern und Leitungen mit SWIR-basierten Bildverarbeitungssystemen überwachen. Hyperspektrale Spektroskopiesysteme liefern in Echtzeit sogar chemische Analysen der Produkte, die auf Bändern oder durch Röhren bewegt werden.
Einsatz beim Kunststoff-Recycling
Auch beim Recycling von Kunststoff (Bild 2) kommt die SWIR-basierte Spektroskopie zum Einsatz. Preisgünstige Zeilenkameras mit Auflösungen von 1024 oder 512 Pixeln und Wellenlängenempfindlichkeiten von 900 bis 2600 Nanometern werden auf Spektrografen montiert eingesetzt. Sie identifizieren den Polymertyp von Plastikmüll auf dem Sortierband und ermöglichen so eine Trennung nach unterschiedlichen Kunststoffarten.
Landwirtschaft, Textilien und Forstprodukt
Feuchtigkeit ist ein Schlüsselindikator der Prozess- und Qualitätskontrolle in Landwirtschaft, Textilproduktion und Forstwirtschaft. Weil Wasser SWIR-Strahlung absorbiert, kann eine Messung auf Vorkommen oder Fehlen von Wasser hilfreich für die Beurteilung der Erntequalität, -reife oder Trockenheit des Ernteguts sein (Bild 3). Diese Methode kann auch Mängel wie Druckstellen unter der Schale von Früchten erkennen, die für das Auge unsichtbar sind. Der Feuchtigkeitsgehalt ist weiterhin ein Indikator, um anzuzeigen, wann gefärbte Stoffe trocken genug für den nächsten Verarbeitungsschritt sind und ob der Färbegrad für definierte Flächen korrekt ist. Bei der Produktion von Faserplatten messen online-SWIR-Systeme die Feuchtigkeit von Spänen. Die Ergebnisse werden genutzt, um nachfolgende Erwärmungs- und Trocknungsschritte zu regulieren.
Untersuchung von Silizium-Wafern
InGaAs-Kameras enthalten Detektoren aus unterschiedlichen InGaAs-Legierungen. Die Standard-Zusammensetzung In53Ga47As ist in der Herstellung die einfachste und günstigste, und sie liefert das beste Signal/Rausch-Verhältnis. Die Fähigkeit, durch Silizium hindurchsehen zu können, ergibt den entscheidenden Vorteil bei der Halbleiterproduktion (Bild 4). Speziell InGaAs-Zeilenkameras werden dabei zur Defekterkennung im Rahmen der Qualitätssicherung vermehrt eingesetzt.
InGaAs-Kameras im Vergleich zu Alternativen
InGaAs-SWIR-Kameras bieten eine Kombination aus Vorteilen, die thermische und VIS-Kameras nicht bieten. In staubigen und sandigen industriellen Umgebungen werden zum Beispiel die Kameraobjektive nach und nach beschädigt und müssen regelmäßig ersetzt werden. Hier ist es wesentlich ökonomischer, Objektive aus Glas statt aus Germanium oder Saphir einzusetzen. Genau wie VIS-CCD- und CMOS-Detektoren reagieren SWIR-Geräte auf reflektiertes Licht und ermöglichen damit die Gewinnung hochauflösender Bilder. Dagegen haben IR-Kameras, die nur auf Wärmestrahlung oder thermische Unterschiede reagieren, eine deutlich geringere Auflösung. InGaAs-Kameras lassen sich genauso einfach bedienen wie CCD- oder CMOS-Kameras, und da sie ohne mechanischen Verschluss sowie aufwendige Kühlsysteme auskommen, sind sie auch gegenüber Vibrationen relativ unempfindlich.
Fortschritt: größere Arrays, kleinere Gehäuse
SWIR-Kameras haben in jüngerer Vergangenheit mit den größten Fortschritt bei den bildgebenden Verfahren erzielt. Linien-Arrays bis zu 1024 Pixeln in einem 25 Mikrometer-Abstand gewährleisten hohe Auflösungen bei einem größeren Aufnahmefeld als bisher. Diese modernen Hightech-Kameras können von Polytec zwischenzeitlich in extrem kleinen Gehäusewürfelchen von 7,6 x 7,4 x 6,1 cm geliefert werden, was die Einbindung in Prozessüberwachungsmaschinen deutlich erleichtert.
Bildnachweise: Titelbild: Paula Cobleigh/shutterstock.com; Bild 1 und 3: Sensors Unlimited Inc.; Bild 2: Juice Flair/shutterstock.com; Bild 4: Juice Verve/shutterstock.com