Bei vielen Industrieprodukten spielt die Qualität von Beschichtungen eine wichtige Rolle. Zum Beispiel die Materialdicke, die Farbe, der Glanz oder die Anhaftung einer oder mehrerer Schichten auf einem Untergrund. Die Anwendungen reichen von der Antihaftbeschichtung bei Kochgeschirr über metallische Zylinderbeschichtungen in der Automobilindustrie bis hin zu Composite-Materialien in der Luftfahrttechnik. Neue fotothermische Messsysteme eignen sich für fast alle in- oder halbtransparenten Schichten auf allen gängigen Substraten. Messzeiten von unter einer Sekunde erlauben die direkte Einbindung in den Produktionsprozess – auch in Anwendungen, bei denen bisher keine 100 %-Qualitätskontrolle möglich war.
Es gibt verschiedene Verfahren, um die Dicke einer Beschichtung oder Lackierung zu messen. Dabei geht der Trend heute zu berührungslosen Methoden, weil sie zerstörungsfrei arbeiten und auch auf empfindlichen Oberflächen keine Beschädigungen zu befürchten sind. Oft schränkt jedoch die Beschaffenheit der Produkte die Auswahlmöglichkeiten bei den Testmethoden ein: Optische Verfahren eignen sich in der Regel nur für transparente Beschichtungen; Messsysteme, die induktiv oder mit Ultraschall arbeiten, sind prinzipbedingt zu langsam, um sie in Produktionsprozesse mit kurzen Taktzeiten zu integrieren, und scheiden damit für Inline-Messungen und 100 %-Prüfungen meistens aus.
Mehr Möglichkeiten verspricht ein Verfahren des französischen Herstellers Enovasense für die Schichtdickenmessung nicht- und halbtransparenter Beschichtungen. Es eignet sich für fast alle Coatings auf allen gängigen Substraten wie Lacken, Galvanisierungen, Metallisierungen auf Kunststoff, Metall, Holz oder Glas, ist also fast universell einsetzbar.
Sekundenschnelle Messung im industriellen Prozess
Das laserbasierte Schichtdickenmesssystem arbeitet ohne jeglichen Kontakt zum Objekt. Mittels Laser und Infrarotsensoren wird die opake, semitransparente oder fast transparente Beschichtung aus Arbeitsabständen von 40 bis 200 mm gemessen. Die Wiederholgenauigkeit beträgt typischerweise +/- 1 µm bzw. +/- 3 % des Messwerts. Die laserbasierte fotothermische Radiometrie beruht auf der Erwärmung einer Probenoberfläche durch Laser-Bestrahlung. Diese Erwärmung breitet sich als Diffusionsvorgang abhängig von Material und Schichtdicke aus.
Der Prüfling wird dazu an definierten Punkten vom Laser angestrahlt. Aus der Wärmesignatur an den Messpunkten lässt sich dann mit entsprechenden Algorithmen die Schichtdicke berechnen. Das funktioniert zuverlässig selbst unter industriellen Umgebungsbedingungen, also auch auf schnell laufenden Förderbändern, bei hohen Temperaturen sowie bei nassen oder brüchigen Oberflächen. Da der Anregungs-Laser nur eine geringfügige Erwärmung von wenigen Grad Celsius erzeugt, wird weder das Objekt noch die Beschichtung während der Messung beeinflusst oder gar beschädigt.
Dabei ist das Verfahren ausgesprochen schnell. Die Messung selbst dauert weniger als eine Sekunde. Schichtdickenmessungen bei Fördergeschwindigkeiten von 40 m/min wurden bereits erfolgreich realisiert. Diese hohe Prozesstauglichkeit erlaubt vielerorts eine 100 %-Qualitätskontrolle, wo dies bisher nicht möglich war. Hinzu kommt, dass die Messung auf einem physikalischen Modell basiert, das eine Vorkalibrierung des Systems entsprechend der Umgebungsbedingungen in der Applikation ermöglicht. Das heißt, Messzeiten, Distanz, Genauigkeit und Laserintensität lassen sich bereits ab Werk auf die Anwendung abstimmen, also zueinander ins passende Verhältnis setzen. Die Kalibrierung vor Ort ist dann schneller und einfacher zu realisieren als mit herkömmlichen Methoden. Für manche Anwendungen kann sie sogar ganz entfallen.
Kompakter, leichter Messkopf
Das komplette Messsystem besteht im Prinzip aus zwei Einheiten (Bild oben): dem eigentlichen Messgerät mit Laser und Auswerteelektronik sowie dem leichten, kompakten Messkopf. Die geringen Abmessungen des Messkopfes (75 x 32 x 41 mm) bei 150 g Gewicht ermöglichen Messungen an Stellen, die bislang schwer zugänglich waren. Eine Roboterarm-Montage ist problemlos möglich. Der Messkopf ist über ein Kabel, das elektrische Leitungen und eine Glasfaser enthält, mit dem Messgerät verbunden.
Die Verbindungsleitung darf bis zu 20 m lang sein, was die Montagefreiheit erhöht. Über Schalter lassen sich an der Messeinheit auch mehrere Köpfe anschließen, z. B. wenn nacheinander an unterschiedlichen Abschnitten einer Produktionslinie die Schichtdicke kontrolliert werden soll. Die Messzeit pro Punkt liegt je nach Kombination von Coating und Substrat typischerweise zwischen 0,3 und 2 s; die räumliche Auflösung ist von der Größe des Laserspots abhängig. Hier sind je nach Anwendung 0,3, 0,6, 11 bzw. 20 mm Durchmesser möglich.
Viele Anwendungsmöglichkeiten
Wegen seiner Schnelligkeit, Genauigkeit und Flexibilität ist das Schichtdickenmesssystem nahezu universell einsetzbar und die Anwendungsbereiche sind breit gefächert. In der Automobilindustrie oder Luftfahrttechnik eignet es sich beispielsweise für Messungen der Lackdicke auf Metall oder Kunststoff. Ebenso lassen sich Chrom- und Metallbeschichtungen auf Kunststoffen kontrollieren, die Fahrwerksverzinkung oder Metallbeschichtungen in Motoren, z. B. in Zylinderbohrungen. Zusammen mit einem französischen Automobilhersteller wurde hierfür eine patentierte Automatisierungslösung entwickelt (Bild 1).
Interessante Anwendungen finden sich auch in ganz anderen Branchen wie bei Konsumgütern. Die Palette reicht hier von der Messung der Dicke von Glasmalerei über Schichtdickenbestimmungen an Gehäuseteilen oder auf Kochgeschirr bis hin zur Überprüfung von Siebdruck auf Glaskeramikplatten. Sogar während der Beschichtung lässt sich die Dicke jederzeit überprüfen, damit auch wirklich die richtige Menge aufgetragen wird. Unter bestimmten Bedingungen können sogar mehrere Schichten kontrolliert werden.
Bildnachweise: Soweit nachfolgend nicht anders aufgeführt bei Enovasense.